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„ … nicht bloß harmlose Pfadfinder: Völkische Jugendbünde“ von Jesko Wrede vom 7.7.2016
Neben den fünf Verbänden, die sich im Ring deutscher Pfadfinderinnen- und Pfadfinderverbände zusammengeschlossen haben, gibt es in Deutschland zahlreiche weitere Pfadfinder*innen- oder bündische Jugendverbände, wie beispielsweise die Deutsche Wanderjugend oder der Deutsche Pfadfinderbund Mosaik. „Die allermeisten von ihnen lehnen Rechtsextremismus klar ab. Doch in der heterogenen Szene gibt es auch einige Organisationen, die – mehr oder weniger stark – eine rechtsnationale Blut-und-Boden-Ideologie vermitteln. Diese Organisationen tragen Namen wie Sturmvogel, Fahrende Gesellen oder eben Freibund, und sehen sich explizit in der Tradition von völkischen Jugendbünden in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg.“
Die Jugendbewegung entstand in Deutschland im ausgehenden 19. Jahrhundert zunächst im bürgerlichen Milieu als Tagesausflüge und Reisen in die Umgebung. Das einfache Leben in der Natur faszinierte die Jungen, so dass sich schnell weitere Gruppen in ganz Deutschland und Österreich bilden. Diese Gruppen wurden Wandervogel genannt. Diese sogenannte Wandervogelbewegung war politisch sehr heterogen: Von politischer Neutralität bis hin zu völkischem Nationalismus war alles zu finden. „Gemeinsam war den Wandervögeln aber ihr Pathos, Idealismus und eine Sturm-und-Drang-Haltung.“ Ein erstes gemeinsames Treffen gab es 1913 auf dem Berg Hoher Meißner bei Kassel. Dort konnte man sich lediglich auf die gemeinsame sogenannte Meißner-Formel einigen: „Die Freideutsche Jugend will nach eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung, in innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten. Für diese innere Freiheit tritt sie unter allen Umständen geschlossen ein. Zur gegenseitigen Verständigung werden Freideutsche Jugendtage abgehalten. Alle gemeinsamen Veranstaltungen der Freideutschen Jugend sind alkohol- und nikotinfrei.“
Nach dem Ersten Weltkrieg, der auch viele Opfer in der Wandervogelbewegung hatte, verband sich die Wandervogelbewegung mit den Pfadfinder-Gruppen, die 1907 von Lord Robert Baden-Powell gegründet worden waren. Beide Bewegungen beeinflussten sich nun gegenseitig: „Während die Pfadfinder die Fahrten der Wandervögel einführten, übernahmen neue Wandervogel-Gruppen die einheitliche Kluft der Pfadfinder. Die war einer Militäruniform nachempfunden, sollte aber vor allem Klassenunterschiede unkenntlich machen und so Gleichheit unter den Kindern und Jugendlichen schaffen.“ In diesem Zuge entstanden auch neue Gruppen, sogenannte bündische Jugendgruppen, die politisch Teil der Radikalisierung in der Vor-NS-Zeit waren.
Nach dem zweiten Weltkrieg gründeten sich viele Bünde neu, auch aus dem rechten Spektrum. „Bei manchen dieser Gruppen handelte es sich um Jugendorganisationen von neu gegründeten rechten und rechtsextremen Parteien und Erwachsenenorganisationen wie dem Stahlhelm-Verband, der Deutschen Reichspartei (DRP) oder der Sozialistischen Reichspartei (SRP), andere waren reine Jugendorganisationen mit Namen wie Pfadfinderschaft Nation Europa.“ Die in Deutschland langlebigsten und bekanntesten Gruppen waren bzw. sind: Wiking-Jugend (1994 verboten); Bund Heimattreuer Jugend (BHJ) – ab 2000 Heimattreue Deutsche Jugend (2009 verboten); Sturmvogel – Deutscher Jugendbund; Fahrende Gesellen – Bund für deutsches Leben und Wander (FG); Deutscher Mädelwanderbund (DMWB); Freibund. Die Formulierungen des Freibunds unter anderem in seiner Selbstdarstellung lässt sich zeigen, sie „enthalten einerseits nationalistische oder völkische Anklänge, sind andererseits aber so weich und doppeldeutig, dass eine ideologische Bedeutung stets (etwa gegenüber der kritischen Öffentlichkeit oder anderen, nicht-rechten Jugendbünden) dementiert werden kann.“
Nach dem zweiten Weltkrieg gründeten sich selbstverständlich auch die nicht-rechten Pfadfinderinnen- und Pfadfinderverbände und Gruppen sowie Jugend- und Wanderbünde neu bzw. nahmen ihre Arbeit wieder auf. Dabei gibt es heute die fünf Pfadfinderinnen- und Pfadfinderverbände die Mitglied im rdp sind, sowie zahlreiche weitere Verbände und (bündische) Gruppen mit den unterschiedlichsten Ausrichtungen. „Rein äußerlich betrachtet gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen den beschriebenen völkischen Organisationen einerseits und andererseits den nicht-rechten Pfadfindern, Wandervögeln oder Gruppen in bündischer Tradition: Sie alle gehen „auf Fahrt“, leben dabei betont einfach, etwa in Zelten, sitzen gern am Lagerfeuer und singen zur Gitarre oft die gleichen Lieder. Auch viele Gruppenrituale ähneln sich, beispielsweise werden neue Mitglieder in vielen Bünden – ob völkisch oder nicht – bei einer andächtigen Veranstaltung durch ein feierliches Versprechen aufgenommen. Solche Zeremonien dienen dazu, Gruppenidentität und Gemeinschaftsgefühl zu stiften, und sie haben besonders auf junge Menschen unstreitig eine große Wirkung. (…) Äußerlich sehr ähnliche Zeremonien können also sowohl dem Ziel dienen, die Heranbildung kritischer, selbstbewusster und toleranter Persönlichkeiten zu fördern – oder aber junge Menschen auf eine totalitäre Ideologie einschwören.“
Für die Zusammenfassung Martina Fornet Ponse und Alexander Schmidt